Hier finden Sie alle Pressemitteilungen rund um das Thema „Toiletten für alle in Baden-Württemberg“.

„WC4all“ aus dem 3-D-Drucker – ein studentisches Projekt der Hochschule Aalen

Inklusion trifft Zukunftstechnologie

Aalen / Stuttgart, 12.07.2018 – „WC4all - Mit einem 3-D-Modell Menschen mit Behinderungen nachhaltig helfen!“ Mit diesem Ziel machten sich angehende Wirtschaftsingenieure im Rahmen einer Projektarbeit bei Prof. Dr. Ulrich Holzbaur für das Referat Nachhaltige Entwicklung der Hochschule Aalen ans Werk. „WC4all“ - hinter diesem Kürzel verbirgt sich die Idee einer „Toilette für alle“, d.h. ein Rollstuhl-WC mit Pflegeliege für Erwachsene und Patientenlifter. Nur so wird die Teilhabe von Menschen mit komplexen Behinderungen an Großveranstaltungen erst möglich, weiß der Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg. So entstand die Projektpartnerschaft zwischen der Hochschule Aalen und dem Selbsthilfeverband.

Prof. Dr. Ulrich Holzbaur ist der Senatsbeauftragte für Nachhaltige Entwicklung und betreut seit Jahren entsprechende Projekte der angehenden Wirtschaftsingenieure. Barrierefreiheit und Inklusion sind Themen, die zur nachhaltigen Entwicklung dazugehören. „Auslöser war, das Thema „WC4all“ oder „Toilette für alle“ ins Bewusstsein der Leute zu bringen, damit man sich darunter was vorstellen kann“, erläuterte Holzbauer seine Motivation. Als Fan von Modelleisenbahnen in der Spur H0 hatte er die Idee, ein 3-D-Modell maßstabsgetreu für eine Modelleisenbahnanlage zu bauen – oder besser gesagt mit Hilfe eines 3-D-Druckers zu drucken. „Da werden ganze Landschaften, Dörfer, Städte und Szenen aus dem Alltag gezeigt, da würde eine „Toilette für alle“ gut dazu passen. Denn gerade auf Bahnhöfen, Festivals, an Ausflugszielen oder Veranstaltungen wie die Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn oder die Landesgartenschau 2026 in Ellwangen.“ Die Idee wurde weiterentwickelt – und im „Playmobilmaßstab“ 1 : 25 umgesetzt, denn da gibt es auch die passenden Figuren mit Rollstuhl.

WC4all“ - ein Baustein zur Nachhaltigkeit

Wie erklärt man Multiplikatoren wie ein „WC4all“ oder eine „Toilette für alle“ eingerichtet werden muss? „Ganz einfach: das geht am besten mit einem „Modell zum Mitnehmen“, so Holzbaur und bot in diesem Semester ein entsprechendes Projekt an. „Das Thema ist sehr interessant, gerade auch in Verbindung mit Zukunftstechnologie“, erläutert Lukas Boehm, was ihn an dem studentischen Projekt gereizt hat. „Völlig unbewusst dafür entschieden“ hat sich Dennis von Bünau. „Ich habe nicht gewusst, was mich erwartet und freue mich jetzt umso mehr über die Entwicklung des Projekts.“ Zusätzlich motivierte das aus acht Studierenden bestehende Team, „dass wir mit der Konstruktion des Modells nicht nur für unser Studium etwas tun, sondern das Ergebnis einem guten Zweck dient und für Menschen mit Behinderungen hilfreich ist“. Von der Idee bis zur Umsetzung mit dabei waren: Dennis von Bünau, Merve Cayli, Jeanette Motulla, Lars Schürrlein, Manuel Kaiser, Lukas Boehm, Daniel Schaaf und Vanessa Vaenini. Eine Umfrage der Studierenden zeigte deutlich, dass „das Thema viele Aspekte hat, die es zu visualieren gilt.“ Das gelinge mit einem „auf Papier gedruckten Plan an der Wand“ nicht so gut. Daher entschieden sich die Studierenden, eine moderne Zukunftstechnologie zu nutzen und ein 3-D-Modell zu konstruieren. So schufen die Studierenden ein „Modell zum Anfassen und Ausprobieren“, warum eine bestimmte Raumgröße erforderlich ist und wie ein barrierefreier Zugang mittels Rampe zu gestalten ist. „Wer jetzt mit einer Playmobilfigur im Rollstuhl in dem Raum versucht, zu wenden, kann jetzt nachempfinden, mit welchen Problemen Menschen im Rollstuhl im Alltag zu kämpfen haben, wenn die notwendige Bewegungsfläche fehlt.“

„Ein haptisches Erlebnis“, so Prof. Dr. Holzbaur zu dem aktiven Ertasten und Erfühlen des Objektes und dessen Merkmalen wie Größe, Oberflächenstruktur und Anordnung der einzelnen Ausstattungselemente. Ganz konkret geht es um die richtige Platzierung von WC-Becken, Haltegriffen, Pflegeliege, Patientenlifter und Windeleimer, aber auch um so Details wie unterfahrbarem Waschbecken mit entsprechenden Armaturen, Spiegel, Seifenspender und Handtuchhalter. Für das Grundmodell stand ein klassischer Überseecontainer Pate. Bei der Präsentation des Modells erläuterten die Studierenden Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg, ganz genau, wie alles planmäßig konstruiert wurde und dann mit Unterstützung von Laborbetriebsleiter Friedrich Seybold auf einem 3-D-Drucker hergestellt wurde. „Die Konstruktion war mit sehr viel Zeitaufwand, Präzision und Fachwissen verbunden, aber der Aufwand hat sich gelohnt“, meinten die Studierenden zufrieden.

Gigantisch umgesetzt“: „WC4all“ aus dem 3-D-Drucker

„Gigantisch umgesetzt“, kommentierte Pagel-Steidl beim Anblick des Modells spontan. „Bislang erklären wir nur mit Worten, was eine „Toilette für alle“ ist. Zu hören, ist das eine, aber jetzt können wir ein konkretes Modell zeigen und Bauherren und Planer können sehen, wie es aussehen muss“, beschrieb sie den praktischen Nutzen. „Wir werden künftig das Modell bei Präsentationen einsetzen.“ Erstmals wird das Modell beim „ Aktionstag „Mitteinander in der der Vielfalt“ auf der Landesgartenschau in Lahr Ende Juli eingesetzt werden. „Wir werden das Modell aber auch zu Gesprächen in Ministerien mitnehmen.“ Sicher gebe es auch noch viele weitere Möglichkeiten. Sie erläuterte den Studierenden den in der deutschen Sprache verwendeten Begriff „Toilette für alle“. In England heißen die „Orte zum Wechseln“ einfach „changing place toilets“, erläuterte Pagel-Steidl den etwas sperrigen Begriff. Besonders fasziniert zeigte sich die Geschäftsführerin davon, dass „Studierende, die sonst nichts mit dem Thema zu tun haben“ ein Modell einer „Toilette für alle“ dem Landesverband für Werbezwecke zur Verfügung stellen. Voll des Lobes sind auch die Inklusionsbotschafter Patrick Thurn und Pierre Mayer aus Stuttgart. Überstimmend meinten die beiden Rollstuhlfahrer: „echt cool!“

INFO
Die Hochschule Aalen mit rund 5.800 Studierenden ist derzeit die forschungsstärkste Hochschule für angewandte Wissenschaften Baden-Württembergs. Die Hochschule ist regional und international weit vernetzt und baut auf zwei starke Säulen: Technik und Wirtschaft. Mehr dazu unter www.hs-aalen.de.


Detailgetreue Gestaltung einer »Toilette für alle / WC4all« im 3-D-Druck, designed by Studierenden der Hochschule Aalen<br />Foto: © Mara Sander

Detailgetreue Gestaltung einer »Toilette für alle / WC4all« im 3-D-Druck, designed by Studierenden der Hochschule Aalen
Foto: © Mara Sander

Angehende Wirtschaftsingenieure haben in einem studentischen Projekt von Prof. Dr. Ulrich Holzbaur ein Modell einer 					»Toilette für alle / WC4all« geschaffen und an LVKM-Geschäftsführerin Jutta Pagel-Steidl überreicht.<br />Foto: © Mara Sander

Angehende Wirtschaftsingenieure haben in einem studentischen Projekt von Prof. Dr. Ulrich Holzbaur ein Modell einer »Toilette für alle / WC4all« geschaffen und an LVKM-Geschäftsführerin Jutta Pagel-Steidl überreicht.
Foto: © Mara Sander

Ein haptisches Erlebnis - mit Playmobilfiguren im Rollstuhl den Raum erfahren. Studierende der Hochschule Aalen bei der Präsentation<br />Foto: © Mara Sander

Ein haptisches Erlebnis - mit Playmobilfiguren im Rollstuhl den Raum erfahren. Studierende der Hochschule Aalen bei der Präsentation
Foto: © Mara Sander

»Toilette für alle / WC4all« aus dem 3-Drucker eröffnen neue Wege, um für das Anliegen „Wickelmöglichkeiten für Erwachsene“ zu werben.<br />Foto: © Mara Sander

»Toilette für alle / WC4all« aus dem 3-Drucker eröffnen neue Wege, um für das Anliegen „Wickelmöglichkeiten für Erwachsene“ zu werben.
Foto: © Mara Sander

Prof. Dr. Ulrich Holzbaur erläutert die Funktionsweise eines 3-D-Druckers, mit dem das Modell eines WC4all „gebaut“ wurde.<br />Foto: © Mara Sander

Prof. Dr. Ulrich Holzbaur erläutert die Funktionsweise eines 3-D-Druckers, mit dem das Modell eines WC4all „gebaut“ wurde.
Foto: © Mara Sander

„Daumen hoch!“ - Petra Pachner, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen im Ostalbkreis, ist vom Modell begeistert. Im Landratsamt des Ostalbkreises entsteht derzeit eine »Toilette für alle«

„Daumen hoch!“ - Petra Pachner, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen im Ostalbkreis, ist vom Modell begeistert. Im Landratsamt des Ostalbkreises entsteht derzeit eine »Toilette für alle«

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