Toiletten für alle
»changing places«
Baden-Württemberg

Lahr, 06.08.2020 . Am Donnerstag stand eine besondere Premiere auf dem Spielplan des Parktheaters in Lahr. Normalerweise stehen dort vor allem Theater, Oper, Operette, Ballett- und Modern-Dance-Aufführungen, Konzerte oder Kabarett auf dem Programm. Die Scheinwerfer richteten sich ausnahmsweise auf die neu geschaffene „Toilette für alle“ im Erdgeschoss. Das neue Serviceangebot schließt eine Lücke und ermöglicht Teilhabe für alle.

„Ohne „Toilette für alle“ ist eine Teilhabe nicht möglich“, machte Heinz Kuhn, Vorsitzender des Vereins für Körper- und Mehrfachbehinderte Lahr, bereits bei der Begrüßung deutlich. Detailliert gab der Vater zweier Pflegesöhne mit komplexen Behinderungen Einblicke in seinen Familienalltag. Unmissverständlich machte er klar, dass auch Menschen mit komplexen Behinderungen, die inkontinent sind und Windeln tragen, das Recht darauf haben, unterwegs zu sein wie alle anderen auch. „Wir wollen als Familie auch unterwegs sein, einen Stadtbummel machen, ein Konzert oder eine Theateraufführung besuchen. Aber dazu brauchen wir unterwegs einen Ort zum Wechseln der Windeln.“ Dann nahm er eine Glaskaraffe zur Hand und hielt sie hoch: „Da drin befindet sich etwa ein halber Liter Flüssigkeit. Das ist ein etwa die Menge, die im Laufe der Nacht in eine Windel sickert. Wollten Sie mit einer solch vollen Windel unterwegs sein?“

Es sei landesweit das erste Theater mit einer „Toilette für alle“, freute sich Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg bei der offiziellen Eröffnung. Sie begleitete das Projekt von Anfang an. „Dass wir heute gleich drei „Toiletten für alle“ in Lahr eröffnen können, verdanken wir der Landesgartenschau vor zwei Jahren. Deshalb habe das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg ausnahmsweise Zuschüsse für drei Standorte in einer Stadt mit knapp 47.000 Einwohnern bewilligt. Für die „Toilette für alle“ im Parktheater – das zugleich auch Stadthalle ist – gab es rund 2.200 Euro Zuschuss vom Land für die nicht höhenverstellbare Wandklappliege und den luftdicht verschließbaren Windeleimer. Der mobile Patientenlifter wurde über die Aktion Stadtgulden finanziert.

Die Funktionsweise der „Toilette für alle“ zeigten Annette und Florian Schuler. Um während der Corona-Pandemie den notwendigen Abstand einzuhalten, wurde der mobile Patientenlifter kurzerhand in den Eingangsbereich geschoben. So konnten die Anwesenden gut verfolgen, wie Florian mit Hilfe des Patientenlifters aus seinem Rollstuhl gehoben wurde, bevor es dann in die „Toilette für alle“ ging. Spätestens da wurde allen bewusst, weshalb es mindestens eine Raumgröße von 7 qm braucht.

Das neue Serviceangebot der „Toilette für alle“ kommt nicht nur den kulturinteressierten Menschen mit Behinderung zugute sondern auch den Gästen des unmittelbar mit dem Parktheater baulich verbundene Restaurant „Dionysos“. Insbesondere in den Sommermonaten ist vor allem dessen Gartenterrasse mit Blick auf den idyllischen Stadtpark ein beliebter Treffpunkt für alle.

INFO
Die Rollstuhl-Toilette im Parktheater ist zusätzlich ausgestattet mit einer nicht höhenverstellbaren Wandklappliege, einem mobilen Patientenlifter sowie einem luftdicht verschließbaren Windeleimer. Ein Hebetuch (Gurt) ist vorhanden.
Die Toilette ist während der Öffnungszeiten des Restaurants „Dionysos“ sowie bei Veranstaltungen im Parktheater zugänglich.

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