Toiletten für alle
»changing places«
Baden-Württemberg

Karlsruhe, 14.6.2024 – Endlich ist sie da! Eine „Toilette für alle“ im Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe stand viele Jahre lang ganz oben auf der Wunschliste vieler Familien mit Kindern mit schweren Behinderungen. Rechtzeitig vor der „Dream Night“, einer Veranstaltung nur für Menschen mit Behinderungen und ihre Familien, konnte die „Toilette für alle“ gemeinsam mit Staatssekretärin Dr. Ute Leidig und weiteren Gästen eröffnet werden. Es ist die erste „Toilette für alle“ in Karlsruhe und die 99. landesweit.

„Ein historischer Tag“

"Heute Abend findet die "Dream Night" statt", so Zoodirektor Prof. Dr. Matthias Reinschmidt. „Dies ist eine Veranstaltung nur für Kinder und Jugendliche mit Behinderung und deren Familien. In den vergangenen Jahren haben sich ganz viele Familien eine „Toilette für alle“ gewünscht, um während des Zoobesuchs einen würdigen Ort für den Windelwechsel zu haben. Jetzt ist sie endlich da. Das ist ein historischer Tag“, freut sich Reinschmidt. „Wir wollen, dass es nicht nur den Tieren gut geht sondern auch den Menschen. Wir haben über eine Million Besucher im Jahr. Da sind viele dabei, die genau dieses Serviceangebot brauchen.“ Deshalb sei er "froh, dass wir dieses Angebot jetzt hier haben.“ Insgesamt habe man nun 83.000 Euro für die neuen Sanitäranlagen investiert. Das Land habe die „Toilette für alle“ mit 12.000 Euro Zuschuss gefördert.

„Teilhabe für alle ermöglichen“

Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, dass die Entstehung von „Toiletten für alle“ fördert. Die heutige Eröffnung sei „ein weiterer Schritt in Richtung Inklusion und gleichberechtigte Teilhabe“, so Dr. Ute Leidig MdL, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg und bezog in ihr Grußwort auch ihren Landtagskollegen Alexander Salomon mit ein. Es brauche einen großen Raum mit ausreichend Bewegungsfläche für Rollstuhl und Assistenz, eine höhenverstellbare Pflegeliege für Erwachsene sowie einen Patientenlifter für das Umsetzen vom Rollstuhl auf die Liege und zurück. „Menschen mit Behinderungen haben gleiche Rechte wie alle und gleiche Teilhabe, ohne Barrieren und Ausgrenzungen“, so Dr. Leidig. „Ohne eine „Toilette für alle“ sei ein Windelwechsel „mühsam, entwürdigend, unzumutbar.“ Im Auftrag des Landes berate und begleite der Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung (LVKM) das Projekt „Toilette für alle“. Dessen Engagement habe man es zu verdanken, die landesweit 99. „Toilette für alle“ eröffnen zu können. „Der Standort ist ideal. Der Zoo ist eine wichtige Freizeiteinrichtung, ein Lernort und Ausflugsziel.“ Hier gebe es gelebte Vielfalt.

„Mit vollen Hosen kann man nicht teilhaben.“

Ein lang gehegter Wunsch des Beirats für Menschen mit Behinderungen Karlsruhe, des Gemeinderates und vieler Familien mit Kindern mit schweren Behinderungen gehe nun in Erfüllung. „Die Idee der „Toilette für alle“ kommt aus England und ist dort Pflicht – im Unterschied zu Deutschland, so LVKM-Geschäftsführerin Jutta Pagel-Steidl. Aus Gesprächen mit betroffenen Familien wisse sie, dass alle mehr oder weniger einen „Stammbaum“ im Zoo hätten, unter dessen Zweigen sie auf dem Rasen den Windelwechsel vornehmen. Sie freue sich, dass diese Zeiten nun vorbei sind, denn: ,mit vollen Hosen kann man nicht teilhaben.“ Sie lobte die Zusammenarbeit mit dem Zoo, der die „Toilette für alle“ wunderbar umgesetzt habe. Ein Zebra auf der Fassade der „Toilette für alle“ weise nun den Weg zur Teilhabe.

„Ein echter Gewinn“

Marion Reick-Westphal, Mutter einer Tochter mit komplexen Behinderungen und ehrenamtliche LVKM-Schatzmeisterin, bestätigte, dass sie oft die Windeln ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter im Zoo unter Bäumen und hinter Büschen gewechselt habe. „Meine Tochter sitzt im Rollstuhl. Sie wiegt etwa 50 kg. Wenn man sie aus dem Rollstuhl heben muss, auf den Fußboden legen und danach wieder in den Rollstuhl heben, das ist körperlich sehr anstrengend. Und es ist sowohl für meine Tochter als auch für mich unzumutbar.“ Ohne eine „Toilette für alle“ könne die Familie nur kurze Zeit gemeinsam unterwegs sein. Sie freue sich, dass sie nun mehrere Stunden im Zoo verbringen können, weil es einen Ort zum Wechseln der Windeln gebe. Das sei auch für die Kinder und Jugendliche, die in den sozialpädagogischen Wohngemeinschaften leben, ein echter Gewinn.

INFO
Die rund 12 qm große Rollstuhl-Toilette beim Eingang Süd (gegenüber Hauptbahnhof Karlsruhe) ist zusätzlich ausgestattet mit einer höhenverstellbaren Wandklappliege für Erwachsene, einem Deckenlifter und einem luftdicht verschließbaren Windeleimer. Die Toilette ist mit Euro-Schlüssel während der Öffnungszeiten des Zoos zugänglich.

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