Toiletten für alle
»changing places«
Baden-Württemberg

Esslingen, 15.10.2021. Mit der Eröffnung der „Toilette für alle“ im Agneshof – mitten in der Altstadt – setzt die Stadt Esslingen ein weiteres deutliches Zeichen für gelebte Inklusion im Alltag. Es ist – neben der blackbox am Bahnhof - die zweite öffentliche „Toilette für alle“ in der Stadt, die mit dem Euro-Schlüssel rund um die Uhr zugänglich ist.

Die Herbstsonne lacht mit den Gästen der offiziellen Eröffnung der „Toilette für alle“ um die Wette. Schon lange gibt es öffentliche Toiletten im Agneshof – zwischen Behördenzentrum und Waisenhofschule – in der Nähe des Marktplatzes. Doch es fehlte eine wirklich barrierefreie Toilette. Vor gut einem Jahr haben Birgit Huber, Vorsitzende des Esslinger Inklusionsbeirates, sowie Ursula Hofmann, Vorsitzende des Vereins Rückenwind, sich stark gemacht für eine barrierefreie „Toilette für alle“. „Der Wille war da. Die städtischen Mitarbeiter haben unseren Vorschlag sofort aufgegriffen. Da musste nur eine kleine Zwischenwand rausgenommen werden, damit der Raum groß genug ist,“ lobten die beiden Frauen die Stadt. „Das ging alles Hand in Hand.“

„Auf dem Weg zu einem inklusiven Esslingen.“

Mit dem Umbau zu einer „Toilette für alle“ ging die Stadt nun einen weiteren Schritt in Richtung eines inklusiven Esslngen. Diesen Weg hat die Stadt bereits vor sechs Jahren mit dem Aktionsplan „Auf dem Weg zu einem inklusiven Esslingen“ eingeschlagen. „Ohne Toiletten für Menschen mit Behinderung kann die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben nicht gelingen“, so Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar. Durch die Nähe der „Toilette für alle“ zum Marktplatz und Rathausplatz können nun auch Menschen mit schweren Behinderungen und Inkontinenz stärker am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen. „Rund um den Esslinger Marktplatz finden viele der Esslinger Feste und Veranstaltungen statt und auch viele der Esslinger Sehenswürdigkeiten befinden sich in unmittelbarer Nähe.“

„Mit vollen Hosen kann man nicht teilhaben“, bringt Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg die Notwendigkeit einer solchen Serviceeinrichtung auf den Punkt. Eine „Toilette für alle“ ist mehr als ein barrierefreies WC: Sie ist 12 qm groß und bietet ausreichend Bewegungsfläche für einen Menschen im Rollstuhl und Assistenz, ist zusätzlich ausgestattet mit einer freistehenden Pflegeliege für Erwachsene, einem mobilen Lifter für den Transfer vom Rollstuhl auf die Liege und zurück sowie einem luftdicht verschließbaren Windeleimer. „Davon profitieren alle Menschen, die aufgrund einer Behinderung, einer Krankheit oder des Alters inkontinent sind und auf Windeln angewiesen sind. Schätzungsweise leben in Baden-Württemberg rund 380.000 Betroffene“, so Pagel-Steidl. „Die heutige Eröffnung ist für uns etwas ganz besonderes. Es ist landesweit der 70. Standort. Und unser Landesverband feiert heute seinen 55. Geburtstag. Ein passenderes Geschenk hätte es nicht geben können.“

Im Auftrag des Sozialministeriums begleitet der Selbsthilfeverband das Projekt „Toilette für alle“. Die Kosten für die Umgestaltung der bisherigen Toilette und des angrenzenden Abstellraumes zur „Toilette für alle“ beliefen sich insgesamt auf rund 15.000 Euro. Das Land Baden-Württemberg förderte die Ausstattung der „Toilette für alle“ mit rund 3.200 Euro. Der Inklusionsbeirat der Stadt Esslingen und die AG Barrierefreiheit beteiligten sich als „Experten in eigener Sache“ an den Planungen. „Es gilt, aus Betroffenen Beteiligte zu machen. Sie müssen ihre Anliegen laut vortragen “, so Bayraktar. Der Wille zur Umsetzung von gleichberechtigter Teilhabe sei da, aber gerade in Zeiten knapper Kassen sei es wichtig, dass man dran bleibe. „In gewisser Weise brauchen wir diesen Druck von außen. Erinnern Sie uns, wo wir nachbessern müssen.“ Das ließen sich Ursula Hofmann und Birgit Huber nicht zweimal sagen und nannten sofort weitere Orte in der Stadt, an denen man unbedingt eine „Toilette für alle“ brauche. „Überall dort, wo es keine „Toilette für alle“ gibt, muss ich meine inzwischen 19jährige Tochter Anne auf dem Fußboden einer öffentlichen Toilette versorgen. Und das ist nicht wirklich eine Alternative“, so Hofmann.

INFO
Die rund 12 qm große Rollstuhl-Toilette befindet sich im Agneshof – zwischen Behördenzentrum und Waisenhofschule. Sie ist zusätzlich ausgestattet mit einer höhenverstellbaren frei stehenden Pflegeliege für Erwachsene, einem mobilen Patientenlifter sowie einem luftdicht verschließbaren Windeleimer. Die Toilette ist mit Euro-Schlüssel rund um die Uhr zugänglich.

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