Hier finden Sie alle Pressemitteilungen rund um das Thema „Toiletten für alle in Baden-Württemberg“.

Freizeit für alle: „Toilette für alle“ im Haus am See im Seepark Lahr eröffnet

Lahr, 06.08.2020. Gerade in diesem „Corona-Sommer“ wissen die Lahrer den zur Landesgartenschau 2018 entstandenen Seepark als Erholungsoase direkt vor der Haustür besonders zu schätzen. Der weitläufige Landschaftspark bietet eine vielfältige Freizeitgestaltung für alle. Als „i-Tüpfelchen“ wurde nun auch noch eine „Toilette für alle“ im „Haus am See“ eröffnet. Lahr hat damit nun drei Standorte, in denen Menschen unterwegs ihre Inkontinenzeinlagen unkompliziert wechseln können. Landesweit gibt es nun 59 „Toiletten für alle“.

Rollstuhltoiletten und Baby-Wickeltische gibt es inzwischen fast überall – und das ist gut so. Doch Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen, die keine Toilette nutzen können und Inkontinenzeinlagen benutzen, brauchen unterwegs einen Ort zum Wechseln, eine „Toilette für alle“. Die sind noch immer selten. „Die Idee der „changing places“, der „Orte zum Wechseln“ – oder wie es bei uns in Deutschland heißt – „Toilette für alle“ – stammt aus England. Es handelt sich um Rollstuhltoiletten, die zusätzlich ausgestattet sind mit Pflegeliege für Erwachsene, Patientenlifter für den Transfer vom Rollstuhl auf die Liege und zurück sowie einem luftdicht verschließbaren Windeleimer“, so Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg. Das Ministerium für Soziales und Integration hat den Landesverband beauftragt, das Projekt „Toilette für alle“ voranzubringen. „Als einziges Bundesland fördert Baden-Württemberg die Schaffung von „Toiletten für alle“. Es ist eine freiwillige Leistung, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu verbessern. Rund 6.200 Euro gab das Land als Zuschuss für die höhenverstellbare Wandklappliege und den luftdicht verschließbaren Windeleimer.“ Der mobile Patientenlifter wurde über die Aktion Stadtgulden finanziert. Eigentlich hätte alles bereits zur Landesgartenschau fertig gestellt werden sollen, aber „gut Ding will Weile haben.“

Froh und erleichtert über das neue Serviceangebot ist Heinz Kuhn, Vorsitzender des Vereins für Körper- und Mehrfachbehinderte Lahr. Der Vater zweier zweier Pflegesöhne mit komplexen Behinderungen gab Einblicke in seinen Familienalltag. Unmissverständlich machte er klar, dass auch Menschen mit komplexen Behinderungen, die inkontinent sind und Windeln tragen, das Recht darauf haben, unterwegs zu sein wie alle anderen auch. „Wir wollen als Familie gemeinsam raus aus der Wohnung, am Leben teilhaben. Und unsere Jungs sollen auch mit ihren Freunden und Bekannten, mit ihrer Wohngruppe unterwegs sein können. Das ist Inklusion, also gelebte Teilhabe.“ Wo ein menschenwürdiger Ort zum Wechseln von vollen Windeln fehle, werde auf dem Fußboden einer öffentlichen Toilette gewickelt, hinter einem Busch oder auf der Rückbank des Autos. „Das ist unwürdig. Für unsere Jungs, die längst im Erwachsenenalter sind. Und für uns, die wir den Windelwechsel vornehmen. Wissen Sie, was es Kraft kostet, einen Erwachsenen aus dem Rollstuhl zu heben, auf den Fußboden zu legen, die Windeln zu wechseln und dann wieder vom Fußboden aufzuheben und in den Rollstuhl zurückzusetzen? Allein bei dem Gedanken schlägt jeder Orthopäde und jeder Physiotherapeut die Hände über dem Kopf zusammen“, schildert Kuhn den Alltag. „Deshalb brauchen wir überall „Toiletten für alle“, damit auch Jungs ihre Freizeit außerhalb der eigenen vier Wände verbringen können.“ Wie viel Lebensfreude die Jungs ausstrahlen, wenn sie mit ihren Rollis unterwegs sind, zeigte Kuhn beispielhaft anhand eines mitgebrachten Posters. „Da lernen sie so unheimlich viele neue Eindrücke kennen, erhalten Anregungen – das können wir zuhause gar nicht so machen.“

Bei der offiziellen Vorstellung der „Toilette für alle“ blieb es nicht bei Reden. Vielmehr zeigten Annette und Florian Schuler die Funktionsweise. Florian ließ sich von seiner Mutter aus dem Rollstuhl auf die Liege und wieder zurück „liften“. Tief beeindruckt zeigte sich die Landtagsabgeordnete Marion Gentges und ließ sich die Funktionsweise des Patientenlifters genau erklären. Nach kurzer Einführung übernahm sie die Bedienung des Patientenlifters. Sie räumte ein, dass sie, als die Einladung zur Eröffnung erhielt, mit dem Begriff „Toilette für alle“ wenig anzufangen wusste und es ihr daher wichtig war, dabei zu sein, um mehr darüber zu erfahren. Nun konnte sie sich vor Ort davon überzeugen, dass die Mittel für die „Toilette für alle“ eine gute Investition in die Zukunft ist.

INFO
Die Rollstuhl-Toilette im „Haus am See“ im Seepark ist zusätzlich ausgestattet mit einer höhenverstellbaren Wandklappliege, einem mobilen Patientenlifter sowie einem luftdicht verschließbaren Windeleimer. Ein Hebetuch (Gurt) ist vorhanden.
Sie ist mit einem Euro-Schlüssel zugänglich während der Öffnungszeiten (April – September: 7 – 22 Uhr und Oktober – März: 7 – 20 Uhr).


Chillen - egal, ob am Strand, auf dem Spielplatz oder im weitläufigen Seepark - ist jetzt für alle möglich. Im „Haus am See“ gibt es nun ein „stilles Örtchen“ für alle Menschen.

Chillen - egal, ob am Strand, auf dem Spielplatz oder im weitläufigen Seepark - ist jetzt für alle möglich. Im „Haus am See“ gibt es nun ein „stilles Örtchen“ für alle Menschen.

Die Funktionsweise einer »Toilette für alle« lässt sich mit vielen Worten beschreiben. Überzeugender ist es, dies zu zeigen...<br />Foto: © Nina Stockinger

Die Funktionsweise einer »Toilette für alle« lässt sich mit vielen Worten beschreiben. Überzeugender ist es, dies zu zeigen...
Foto: © Nina Stockinger

Nach kurzer Einführung übernimmt die Landtagsabgeordnete Marion Gentges den Patientenlifter...<br />Foto: © Nina Stockinger

Nach kurzer Einführung übernimmt die Landtagsabgeordnete Marion Gentges den Patientenlifter...
Foto: © Nina Stockinger

...gelungene Teamarbeit bei der Vorstellung der »Toilette für alle«...<br />Foto: © Nina Stockinger

...gelungene Teamarbeit bei der Vorstellung der »Toilette für alle«...
Foto: © Nina Stockinger

...ein Lächeln für die Fotografen nach Abschluss der Vorstellung gemeinsam mit MdL Marion Gentges (rechts)<br />Foto: © Nina Stockinger

...ein Lächeln für die Fotografen nach Abschluss der Vorstellung gemeinsam mit MdL Marion Gentges (rechts)
Foto: © Nina Stockinger

Die geräumige »Toilette für alle« im „Haus am See“ ist mit dem Euro-Schlüssel zugänglich und ausgestattet mit einer höhenverstellbaren Wandklappliege, einem mobilen Patientenlifter sowie einem luftdicht verschließbaren Windeleimer

Die geräumige »Toilette für alle« im „Haus am See“ ist mit dem Euro-Schlüssel zugänglich und ausgestattet mit einer höhenverstellbaren Wandklappliege, einem mobilen Patientenlifter sowie einem luftdicht verschließbaren Windeleimer

zum Seitenanfang